Glutenfrei: Alltag & Ernährung

Glutenfrei: Alltag & Ernährung

Entscheidend ist die Vorbereitung.

Der Alltag mit Zöliakie will gut durchdacht und im Voraus geplant werden, damit stressige Situationen möglichst ausbleiben. Gerade in der Umstellungszeit kurz nach der Diagnose fällt es vielen Betroffenen schwer zum normalen Alltag zurückzukehren. Denn die Umstellung auf eine strikte glutenfreie Ernährung fordert in der Anfangszeit viel Aufmerksamkeit und Wissen. Denn das Klebereiweiß Gluten versteckt nicht nur in glutenhaltigen Getreidesorten, sondern versteckt sich oftmals auch in industriell verarbeiteten Lebensmitteln, Medikamenten oder Kosmetika.

 

Den glutenfreien Alltag bewältigen

Worauf Sie besonders achtgeben sollten.

 Glutenfreie Ernährung

Meist braucht es etwas Zeit und Erfahrung bis der glutenfreie Alltag nach der Diagnose „Glutenunverträglichkeit“ sorgenfrei bewältigt werden kann. Schnell mal bei der nächstgelegenen Bäckerei frische Sonntagsbrötchen kaufen oder beim örtlichen Pizzaservice am Wochenende Pizza bestellen wird nach der Diagnose kaum mehr möglich sein. Denn oftmals sind glutenhaltige Weizenmehle die Basis der Leckereien. In manchen Städten stellen sich glücklicherweise immer mehr Händler und Gastronomen auf Zöliakie-Betroffene ein und bieten glutenfreie Alternativen in ihrem Angebot an. Vor einer Urlaubsreise oder einem Ausflug kann man prima über eine erste Internetrecherche und in Foren wie dem Zöliakie-Treff oder der Gruppe Zöliakie-Austausch auf Facebook herausfinden, welche glutenfreien Anlaufstellen vor Ort geboten werden. Kristallisiert sich dabei heraus, dass das Angebot an glutenfreien Anlaufstellen begrenzt bis gar nicht vorhanden ist, empfiehlt es sich ein Lunchpaket zu Hause vorzubereiten und die Verpflegung mitzunehmen.

Wichtig beim Kauf von losen oder zubereiteten Lebensmitteln ist, dass diese kontaminationsfrei gelagert und zubereitet werden. Beispielsweise können beim Bäcker glutenfreie Backwaren leicht durch glutenhaltigen Mehlstaub kontaminiert werden. Ähnlich ist es in Restaurants, in denen sowohl glutenhaltige als auch glutenfreie Speisen zubereitet und serviert werden. Fragen Sie vor dem Kauf am besten, wie die Anbieter Kontaminationen mit glutenhaltigen Produkten verhindern und kaufen Sie im Zweifel nur speziell verpackte Lebensmittel, wenn Sie sich nicht sicher sind.


Seit Ende 2005 besteht eine Kennzeichnungspflicht von Allergenen für abgepackte Waren. Ende 2014 wurde diese auch auf lose Ware erweitert. Es trat eine Verordnung in Kraft, die das Leben mit einer Glutenunverträglichkeit noch ein Stück weit erleichtert. Seitdem besteht auch bei losen Lebensmitteln, Getränken und Speisen eine Deklarationspflicht von kennzeichnungspflichtigen Allergenen. Sowohl glutenhaltiges Getreide, als auch daraus hergestellte Erzeugnisse, wie beispielsweise Gerstenmalz oder Dinkelsirup müssen seitdem u.a. auch von Restaurants, Cafes, Kantinen, Metzgern und Bäckereien angeben werden. Eine Kennzeichnungspflicht für Spuren wäre darüber hinaus für viele Allergiker wünschenswert. Bislang gilt die Deklarationspflicht von kennzeichnungspflichtigen Allergenen jedoch nur für Zutaten, nicht aber für Spuren. Hinweise zu Spuren auf der Verpackung sind freiwillige Angaben, die von einigen Herstellern zur Absicherung angegeben werden. Meist werden dann im gleichen Betrieb auch glutenhaltige Produkte verarbeitet. Leider lässt der Hinweis nicht auf einen Glutengehalt schließen.

Die Deklaration von glutenfreien Lebensmitteln setzt einen Glutengehalt von weniger als 20ppm (20mg/kg) voraus. Dieser ist gesetzlich über den sogn. Codex-Standard geregelt und Hersteller, die ihre Produkte als „glutenfrei“ kennzeichnen, sind verpflichtet ihre Produkte auf den Glutengehalt untersuchen zu lassen. Der gesetzlich festgelegte minimale Grenzwert gilt nachweislich als unbedenklich für Zöliakie-Betroffene und Produkte mit weniger als 20ppm können in den glutenfreien Ernährungsplan aufgenommen werden. Glutenfreie Produkte sind in der Regel mit dem Schriftzug „glutenfrei“ gekennzeichnet oder tragen das Symbol der durchgestrichenen Ähre. Das Symbol der durchgestrichenen Ähre ist ein Lizenzzeichnen der Zöliakie-Gesellschaften auf europäischer Ebene und gilt international als anerkannt. Hersteller, die das Symbol verwenden, verpflichten sich hohe Produktionsstandards einzuhalten, um die Produktsicherheit von glutenfreien Produkten zu gewährleisten. Die Überwachung der Hersteller erfolgt über die jeweiligen nationalen Zöliakie-Gesellschaften.

Erlebnisbericht

Erlebnisbericht Diagnose Zöliakie


Als wir vor knapp einem Jahr die Diagnose Zöliakie für unsere Tochter erhalten haben, kam das aus völlig heiterem Himmel. Wir hatten uns mit diesem Thema vorher noch nie beschäftigt und waren dementsprechend unvorbereitet.

Und auch die Situation, dann schnell "umzustellen", überforderte uns zunächst komplett.

Erst dachten wir, die ganze Familie würde nun glutenfrei essen, damit keinerlei glutenhaltige Krümel mehr im Haus wären. Aber das war illusorisch und vom Ernährungsberater ausdrücklich abgelehnt - unser Kind musste ja nun lernen, mit der eigenen Sondersituation umzugehen und darauf zu achten.

"Umstellen" hieß ja nicht nur, plötzlich andere Lebensmittel zu kaufen, sondern auch, die eigene Küche umzusortieren, alles bisher Bewährte entweder aufwendig zu säubern oder zu ersetzen, wie etwa die alten Kuchenformen, den Toaster oder die Holzrührlöffel, und Schubfächer und Schränke frei zu räumen und verschieden zu etikettieren, damit Glutenhaltiges von Glutenfreiem getrennt werden konnte. Freunde haben versucht uns zu beruhigen, die Routine würde sich noch einstellen, doch ich hatte meine Zweifel.

Und dann kamen ja noch die ersten Besuche im Supermarkt. Es war mir alles fremd und zu den gewohnten Regalen musste ich nicht mehr gehen. Ich musste herausfinden, welche Supermärkte glutenfreie Lebensmittel haben und wo sie dort zu finden sind. Dabei war es sehr unterschiedlich, wie gut sich die Mitarbeiter jeweils auskannten. Einige waren völlig uninformiert, andere sehr bemüht. Einzelne waren sogar selbst betroffen und hatten Tipps, was mir zu Beginn vor lauter Erleichterung die Tränen in die Augen trieb.

Eine große Hilfe waren dann die Online-Versand-Dienste. Sich in Ruhe Zuhause das Angebot an Produkten anschauen zu können, zu sehen, welche Vielfalt es gibt und dass man wohl doch nicht allein ist mit diesen Problemen, nahm eine große Last. Und die verschiedenen Produkte, mal aus Italien, mal aus England oder den Niederlanden, zu kosten, auszuprobieren, war meistens ein großes Vergnügen, und dann auch wichtig für unsere Tochter, die mitbekam, dass die Einschränkung "glutenfrei" keine weitreichende Hürde sein muss.

Manches gekaufte oder bestellte schmeckte nicht und wurde von uns aussortiert, aber auch das gehört unserer Meinung nach zum Lernprozess. Mittlerweile ist die Routine tatsächlich da, jedenfalls Zuhause. Wenn unser Kind Klassenfahrten macht oder bei Freunden übernachten möchte, ist dies zwar jedes Mal noch ein gewisser Aufwand, aber ein machbarer.

Nun haben wir auch das Glück, noch von keinen Nebenkrankheiten der Zöliakie betroffen zu sein. Und die Werte unserer Tochter haben sich enorm gebessert, was uns bestätigt, dass wir die Diät hinbekommen. Was noch in der Zukunft kommen wird, was passiert, wenn unser Kind in die Pubertät kommt, werden wir sehen. Wir werden damit umgehen müssen. Aber Hilfe ist da, wenn man sie annehmen kann.

Mit herzlichen Grüßen

Katrin Engelhardt, eine betroffene Mutter, 22.10.2015

 

Einkaufstipps

Spezialisierte Shops machen die Suche leichter!

Mittlerweile ist eine glutenfreie Grundversorgung in vielen Reformhäusern und gut sortierten Supermärkten gegeben. Was fehlt, ist jedoch die Vielfalt an verschiedenen Auswahlmöglichkeiten. Meist sind die Angebote sehr ähnlich und auf wenige Markenhersteller beschränkt. Abhilfe leisten hier spezialisierte Online-Shops, die ihr Sortiment auf glutenfreie Produkte ausgerichtet haben und ein vielseitiges Angebot verschiedenster Hersteller aus aller Herren Länder anbieten. Die Versandkosten einer Online-Shop Bestellung relativieren sich ganz schnell, wenn man bedenkt, dass das lästige Suchen nach passenden Produkten in zahlreichen Läden passé ist. Denn Ihre Lieblingsprodukte kommen nun direkt zu Ihnen nach Hause (oder zu einer anderen Wunschadresse) – ohne, dass Sie das Haus verlassen müssen. Sogar frische glutenfreie Backwaren können Sie mittlerweile problemlos im Internet bestellen.

Kurz nach der Diagnose ist es sinnvoll, einen Spickzettel mit glutenfreien Lebensmitteln bereitzuhalten, der im Zweifel beim Einkaufen oder Auswärtsessen als Orientierungshilfe dient. Beim Einkauf sollte unbedingt auf die Inhaltsstoffe und Allergenkennzeichnung (durchgestrichene Ähre) der Lebensmittel geachtet werden. Das Kontaminationsrisiko kann minimiert werden, in dem nur verpackte und gekennzeichnete Produkte im Einkaufskorb landen. Bei Unklarheiten sollte beim Verkäufer nachgefragt werden. Auch hilft es ganz konkret nach bestimmten Produkten zu fragen, die Sie im Sortiment vermissen. Eine gewisse Aufgeschlossenheit und Neugier für neue Produkte und unbekannte Hersteller führt nicht selten dazu, sein glutenfreies Ernährungsspektrum zu erweitern. Auch wenn nicht jedes neue Produkt den eigenen Geschmack trifft, finden sich immer wieder neue Leckereien, die sonst unentdeckt geblieben wären.


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